Schatz, guck mal glücklich!

27 Jun

Facebook, 27/06/2011, 11 Uhr

Zeit und Datum sind natürlich egal, geben dem Ganzen hier aber einen nautischen Touch. Das ist wichtig für echte Hanseaten [53° 33´ N, 10° 00´ O übrigens!]. Was dagegen für jeden wichtig ist (und hier erwarte ich entsprechende Bewunderung für diese gelungene Überleitung), ist ein Facebookbildchen, das unsere Persönlichkeit widerspiegelt.

Lasst mich die Persönlichkeit eines Großteils meiner Facebookfreunde kurz für euch zusammenfassen: Sie sind Pärchen…was mich prinzipiell natürlich eher freut als stört. Ich bin die Erste, die einen geänderten Beziehungsstatus mit einem freudigen „Na siehst du, hast ja doch noch einen gefunden.“ kommentiert. Sehr zur Freude meiner Mitmenschen, denke ich.

Was mich nicht freut, sind Pärchenprofilfotos. Sie sind überall. Nichts schreit lauter „Wir sind zusammen und einzeln gibt es uns nie wieder“ als eine Synchronschaltung der eigenen Profilbilder.  Glückliche Pärchen pressen sich Bäckchen an Bäckchen in einen Facebookavatar. Glückseligkeit in 604x604Pixeln.                                                                                                                                                                        Und oh Gott, der Hintergrund- vergesst den touristischen Hintergrund nicht! Ich bin nicht sicher, ob es schon empirische Studien gibt aber der „We are freaky fucking happy“-Faktor fiele wahrscheinlich um 80%, würde man im Hintergrund nicht den Tower of London, den Eifelturm oder das Museum für Regionalgeschichte Buxtehude sehen.  Man kommt ja schließlich herum; so als Pärchen. Und man ist glücklich, verdammt nochmal!
Darf man eigentlich noch Pärchen sagen? Sind diese Menschen, die vor 3 Jahren noch zwei Stunden Styling vorm Sportunterricht brauchten und jetzt in identischen Multifunktionsregenjacken und mit praktischen Kurzhaarfrisuren im Spreewald stehen noch Pärchen oder schon Paare? Uralte Paare in Partnersandalen, die Urlaub an der Mosel buchen, weil „Deutschland auch sehr schön sein kann“?

Man möge mir jetzt bitte Neid vorwerfen. Rasende Eifersucht. Intoleranz. Vielleicht bin ich auch unreif. Damit kann ich leben. Womit ich nicht leben könnte: Ein Leben zu führen, für das ich noch mindestens 20 Jahre zu jung bin.

Versteht mich nicht falsch: Wir alle besitzen irgendwann Tupperdosen und beschriften Eingefrorenes mit dem korrekten Datum. [Ja, man kann Nahrung SELBST einfrieren.] Vermutlich bügeln wir auch alle irgendwann mal unsere Kleidung. Manchmal tragen wir sogar zueinander passende Socken oder kochen mit mehr als einem Topf! Wir haben Beziehungen. Wir sind glücklich. Meistens sogar sehr glücklich. Jeden Schritt dieses Glücks in Form von 200 identischen Fotos zu teilen hat aber schnell etwas von Laientheater.

5 Antworten to “Schatz, guck mal glücklich!”

  1. Holden 06/27/2011 um 12:01 PM #

  2. gertjeedelmann 06/27/2011 um 2:25 PM #

    Äh, also ich bin schon etwas älter und bügele immer noch nicht. Ist das jetzt was Gutes oder was Schlechtes?

    • Jardinera 07/09/2011 um 3:31 PM #

      Also, ich bin noch etwas jünger (oder etwa doch nicht?), aber ich fand Bügeln schon immer toll…

  3. Daniel Luecking 08/31/2011 um 1:43 PM #

    Wenn es erst mit den Tupperdosen los geht, ist es vorbei…aber man kann dem auch entfliehen. Landläufig gilt man dann als gefühlskalt und Arsch – einem selbst geht es jedoch gut dabei … meistens …

  4. kirschenkind 10/16/2011 um 7:20 PM #

    Verrückterweise gibt es ja noch die Möglichkeit, ohne einen festen Partner auszukommen. Ich weiß aber selbst noch nicht, ob ich dieses Konzept überlebe. Ganz sicher bin ich mir, dass meine Umwelt es nicht schafft. Irgendwie stresst es andere Menschen ja mehr als einen selbst. Liebe Grüße!

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